E-Commerce in Polen - ein Überblick über die Mehrwertsteuer
In unserer Serie von Beiträgen befassen wir uns mit den wichtigsten Steuer- und Rechtsaspekten des E-Commerce Marktes in Polen. In diesem Beitrag finden Sie nähere Informationen zur Mehrwertsteuer beim Fernverkauf nach Polen.
Mehrwertsteuer - allgemein
Verkäufe im E-Commerce werden je nach dem Sitz des Käufers und des Verkäufers, dem Ort, an dem die Waren versandt werden sollen und dem Endbestimmungsort, an dem die Waren verkauft werden sollen, auf nationale Verkäufe (hier wird die Nationale Mehrwertsteuer gelten), innergemeinschaftliche Verkäufe oder Export/Import aufgeteilt.
Bei Verträgen (Fernverkauf) zwischen Unternehmern (B2B) werden allgemeine Umsatzsteuerregelungen in Bezug auf Verträge zwischen Gesellschaften Anwendung finden.
Im Fall von E-Commerce Verträgen mit Konsumenten (B2C) bei denen Verbraucher in Polen ansässig sind gilt die nationale Mehrwertsteuer des Verkäufers, sofern der gesetzliche Schwellenwert für Fernabsatz nicht überschritten wird.
Wenn der Verkäufer seinen Sitz in Polen hat und an Verbraucher in einem anderen EU-Land verkauft, gilt die Mehrwertsteuer des Landes des Verbrauchers, wenn der Verkäufer die im Bestimmungsland gesetzlich festgelegte Verkaufsmenge überschreitet. Wenn der Schwellenwert nicht überschritten wird, gilt die polnische Mehrwertsteuer.
Beispiel 1
Ein deutscher Onlineshop verkauft seine Waren an polnische Privatkunden. Das Verkaufsvolumen in einem Jahr überschreitet den gesetzlichen Schwellenwert von PLN 160.000 (ca. EUR 40.000) nicht, somit werden diese Verkäufe mit der deutschen Mehrwertsteuer belastet. Würde das Volumen den o.g. Schwellenwert überschreiten, so würden in Bezug auf diese Verkäufe die polnischen Mehrwertsteuer anfallen und der Verkäufer müsste sich in Polen für MwSt.-Zwecke anmelden.
Schwellenwert für Fernabsatz
Im Fall von E-Commerce Verkäufen und dem Versand von Waren aus einem anderen EU-Land an Privatkunden in Polen, die keine Mehrwertsteuerzahler sind, sind ausländische Verkäufer nicht verpflichtet, sich für MwSt.-Zwecke in Polen anzumelden, sofern der Wert dieser Verkäufe nicht mehr als PLN 160.000 im Jahr beträgt. (ca. EUR 40.000).
Sollte jedoch der Wert der verkauften Waren an Privatkunden in Polen, mehr als 160.000 PLN betragen, so muss sich der Verkäufer für MwSt-Zwecke in Polen registrieren lassen und zusätzlich folgenden Verpflichtungen nachkommen:
- monatliche, bzw. vierteljährige Erklärung und Abgabe der MwSt. an das entsprechende Finanzamt in Polen;
- Führung von Büchern für Mehrwertsteuerzwecken;
- Einreichung der jährlichen Mehrwertsteuererklärung;
- Führung eines Verkaufsregisters.
Ausstellung einer Rechnung ist Pflicht
Grundsätzlich muss bei dem Verkauf von Waren nach Polen eine entsprechende Rechnung ausgestellt werden.
Gemäß dem polnischen Umsatzsteuergesetz muss jeder Steuerpflichtige in den nachfolgend genannten Situationen eine Rechnung ausstellen:
- wenn der Verkauf sowie die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen, vom Verkäufer zugunsten eines anderen Steuerpflichtigen, eines Mehrwertsteuerzahlers oder einer anderen Steuer ähnlicher Art oder zugunsten einer juristischen Person, die kein Steuerpflichtiger ist, ausgeführt wird;
- wenn der Fernverkauf aus dem Gebiet des Landes und der Fernverkauf in das Gebiet des Landes zugunsten eines anderen als der o.g. Subjekte (in Pkt. 1), erfolgt;
- wenn eine innergemeinschaftliche Lieferung von Waren zu Gunsten eines anderen Subjekts als des in Pkt. 1 oben genannt, erfolgt;
- wenn er die Zahlung vor der Durchführung der oben genannten Handlungen ganz oder teilweise erhalten hat, außer in dem Fall, in dem sich die Zahlung auf die innergemeinschaftliche Lieferung von Waren bezieht.
mini One Stop Shop (sog. MOSS) in Polen eine Alternative
Die Regelung bezüglich der digitalen Verkäufer (E-Commerce) wurde in das polnische Steuersystem eingetragen und kann von Verkäufern von Telekommunikation, Rundfunk und elektronisch erbrachte Dienstleistungen angewendet werden.
Gemäß dieser Regelung muss ein Steuerpflichtiger, der sich für die Nutzung des MOSS entscheidet, sich im Mitgliedstaat der Identifizierung registrieren lassen. Der Steuerpflichtige übermittelt vierteljährlich auf elektronischem Weg Mini-One-Stop-Umsatzsteuererklärungen, in denen Lieferungen von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronisch erbrachten Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige in anderen Mitgliedstaaten (Verbrauchsmitgliedstaaten) sowie die fällige Mehrwertsteuer aufgeführt werden. Diese Steuererklärungen werden zusammen mit der gezahlten Mehrwertsteuer vom Mitgliedstaat der Identifizierung über ein sicheres Kommunikationsnetz an die entsprechenden Verbrauchsmitgliedstaaten übermittelt.
Der Steuerpflichtige zahlt die gesamte anfallende Mehrwertsteuer an den Mitgliedstaat der Identifizierung. Somit zahlt er einen Betrag für den Gesamtbetrag der Einnahmen (d. H. für jeden Verbrauchsmitgliedstaat in dem er seine Waren Verkauft). Der Mitgliedstaat der Identifizierung verteilt anschließend das Geld an die verschiedenen Verbrauchsmitgliedstaaten.
Mehrwertsteuer beim Verkauf von digitalen Produkten
Polnische Rechtsvorschriften sehen keine besonderen Vorschriften in Bezug auf die Mehrwertsteuer beim Verkauf von digitalen Produkten vor.
EU-Vorschriften sehen jedoch vor, dass beim Verkauf von digitalen Produkten die jeweiligen Steuervorschriften des Landes der Niederlassung des Privatkunden Anwendung finden. Das bedeutet, dass digitalen Anbieter grundsätzlich die entsprechende Mehrwertsteuer für ihre Dienstleistungen nach den im Niederlassungsland ihrer Kunden geltenden Vorschriften erheben und abführen müssen.
Diese Regelung hat zur Folge, dass sich digitale Anbieter in jedem Mitgliedstaat, in dem der digitale Verkauf getätigt wird, registrieren lassen und dann die Mehrwertsteueranforderungen (in Bezug auf die Mehrwertsteuerzahlungen und die damit verbundenen Erträge) erfüllen müssen.
Als Alternative können hier Verkäufer das o.g. MOSS nutzen.
Weitere Informationen zum E-Commerce Markt in Polen finden Sie in unseren nächsten Beiträgen.
Adam Intek
Rechtsanwalt-PL
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